Prä- und Postnatalyogalehrerin Sarah Müggenburg über Intuition, Hingabe und die perfekte Schwangerschafts-Asana
Sarah Müggenburg ist Mama von zwei Söhnen (4 und 10) und unterrichtet seit 13 Jahren Hatha Yoga nach Anusara. Seit 2007
fokussiert sie sich auf Pre- und Postnatalyoga nach Birthlight. In Berlin bietet sie Kurse und Privatstunden für Mamas an. Zusätzlich lädt Sarah regelmäßig zu Retreats, zum Beispiel für
Schwangere ein. Ihr Anliegen ist es, mehr Entspannung, Balance und Energie in das Leben von Mamas zu bringen. Das fängt schon in der Schwangerschaft an.
In meinen beiden Schwangerschaften hatte ich immer zwei Seelen in meiner Brust: „Die eine sagte: Ach, das schaffst Du auch noch, Du
bist doch nur schwanger, los mach weiter!“ und die andere hielt dagegen: „Komm, ruh Dich aus, lass mal die Seele baumeln, Du hast es Dir verdient!“ Die erste Stimme feuerte mich an,
weiterzugehen, auch wenn ich müde war. Sie ließ mich selbst mit Riesenkugel meinen Yogaschülern herausfordernde Asanas vorturnen oder stundenlang auf Partys ausgelassen tanzen, als wenn nichts
wäre. Klar, wenn man schon ein Kind hat, vor allem einen lebhaften Knaben, dann muss Mama in Schwung bleiben. Die zweite, sanftmütige Stimme, war die eigene Mutter in mir. Wenn ich mich von ihr
leiten ließ, legte ich ab und zu die Beine hoch, lies mir helfen, machte mal eine Meditation oder etwas sanfteres Yoga.
Wir sollten während der Schwangerschaft lernen, auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen.
Im Nachhinein bin ich überzeugt, dass wir weder nur auf die eine, noch auf die andere Stimme hören sollten. Wir sollten uns nicht auf gutgemeinte Ratschläge
verlassen, sondern lernen, auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen. Wenn ich in mich hineinspüre und weiß, wo meine Grenze ist, bin ich auf dem richtigen Weg. Allein das Ausloten und Haushalten
mit den eigenen Kräften ist schon eine hilfreiche Vorbereitung auf die Geburt und die erste Zeit mit Baby.
Seit zehn Jahren unterrichte ich Yoga für Schwangere und Mütter mit Babys. Dabei finde ich es sehr spannend, zu beobachten, wie jede Mutter auf ihre eigene Reise geht und zu der Mutter
heranwächst, die sie sein möchte.
„Geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter,
sondern auch die Mutter durch das Kind.“
Gertrud von Le Fort
Die Intuition zu stärken und sich somit während der Schwangerschaft auf die Geburt und Mutterschaft vorzubereiten, ist mir eine Herzensangelegenheit.
Die weibliche oder mütterliche Intuition zu stärken und sich somit auf die Geburt und Mutterschaft vorzubereiten, ist mir eine
Herzensangelegenheit. Daher kommt es in meinen Kursen nicht nur auf die Yogastellungen und Sequenzen an, sondern auch darauf, dass jeder einen Zugang zu sich selbst findet und eine Verbindung zum
Kind herstellt. Dies sind wichtige Bedingungen für eine sanfte Geburt.
Die zweitausend Jahre alten Yoga
Sutren von Pantanjali sind auch in der Schwangerschaft eine große Hilfe. Zwei davon spielen bei der Schwangerschaft und Geburt eine außerordentliche Rolle: Tapas gehört zu den Niyamas, den
fünf Empfehlungen zur Lebensgestaltung. Es ist das innere Feuer, welches uns selbst in herausfordernden Momenten hilft, kraftvoll voranzugehen.
Ishvara Pranidhana ist die Hingabe an Gott, an die Natur oder an den Moment. Es ist das Vertrauen ins Leben. Durch diese Hingabe verblasst das Ego,
unser ichbezogenes Denken und Handeln und damit erlangen wir Entspannung und tiefe Verbundenheit.
Neben dem Yoga gibt es verschiedene Wege, einen optimalen Grundstein für eine entspannte Schwangerschaft und eine selbstbestimmte Geburt zu
schaffen.
Sechs Tipps für eine entspannte Schwangerschaft
1. Baue regelmäßig Pausen in den Tagesablauf ein
Hilfreich ist es, sich dafür einen Timer zu stellen. In diesen Pausen ist die Zeit, um etwas zu trinken, Obst oder einen anderen nahrhaften Snack zu sich zunehmen, einen kleinen Spaziergang zu machen, ein paar tiefe Atemzüge an der frischen Luft zu nehmen oder einfach die Beine hochzulegen und in sich hinein zu spüren.
2. Ernähre Dich gesund und ausgewogen
Gesunde Ernährung ist besonders wichtig, weil Du Dich und Dein Baby ernährst. Mit gezielter Ernährung lassen sich sogar Stresshormone ausgleichen. Lebensmittel, die B-Vitamine enthalten, wie Hefeextrakt, Vollkornbrot und Vollkornreis lassen das Anti-Stresshormon Serotonin ansteigen. Um Dich energiegeladener zu fühlen, achte unbedingt auch auf eisenhaltige Lebensmittel, wie zum Beispiel, Weizenkleie, Hirse, Petersilie, Linsen.
Für die richtige Ernährung ist es deshalb hilfreich, sich einen Plan zu machen, damit Du wirklich sicher sein kannst, dass Du alle wichtigen Vitamine und Nährstoffe
zu Dir nimmst. Regelmäßiges Essen hilft auch gegen Übelkeit und Heißhungerattacken. Eine gute Möglichkeit, den Körper mit Vitaminen und ausreichend Flüssigkeiten zu versorgen, sind Smoothies oder
frischgemixte Säfte. Der Körper kann die Vitamine daraus viel leichter aufnehmen, als in Tablettenform und zusätzlich ist alles frisch und in Bioqualität. Bitte nur Bio Obst und Gemüse
verwenden!
3. Lass Dich verwöhnen!
Der Körper vollbringt wahre Wunder dabei, ein oder mehrere kleine Menschlein zusammenzubauen. Er darf also hier und da mal ein paar Zipperlein haben und sich
melden. Regelmäßige Massagen entspannen Dich und damit auch Dein Baby. Es ist sehr wichtig, dass die Massage genau auf Deine Bedürfnisse als Schwangere angepasst ist. Vielerorts werden deshalb
spezielle Schwangerschaftsmassagen angeboten. Dafür gib es auch besondere Liegen und Lagerungstechniken.
4. Habe Spaß!
Trotz aller Mühseligkeiten und Herausforderungen ist die Schwangerschaft eine wunderbare und spannende Zeit. Genieße und zelebriere sie! Denn wenn es Dir gut geht, geht es auch dem Kind gut. Wenn Du viel lachst, setzt das Endorphine, auch Glückshormone genannt, beim Kind frei. Nutze daher die Zeit bevor das Kind kommt, und verabrede Dich mit deinen Freunden, gehe ins Kino, tanze und amüsiere Dich!
5. Nimm Dir eine Auszeit
Die Schwangerschaft geht schneller vorbei, als Du glaubst. Um Dir die Zeit des Wandels bewusst zu machen und Dich auf das neue Leben
und die Geburt einzustimmen, ist eine Auszeit genau das Richtige. Wie wäre es mit einem verlängerten Wochenende alleine, mit dem Partner oder mit der besten Freundin, wo Du Dir Ruhe und
Entspannung gönnst und neue Energie tankst? Viele Hotels bieten spezielle Angebote und Pakete für Schwangere an.
6. Praktiziere Yoga
Im Schwangerschaftsyoga kommst Du durch sanfte Dehnungen, Atem- und Entspannungsübungen mit Dir selbst in Einklang und stellst eine Verbindung zum Baby her.
Kräftigende Übungen verleihen Dir Ausdauer und Energie und bereiten Dich optimal auf die Geburt vor. Zusätzlich gibt es therapeutische Übungen bei speziellen Beschwerden.
Meine Lieblingsasana für die Schwangerschaft ist Supta Baddha Konasana – der liegende Schmetterling.
Der Schmetterling wirkt während der Schwangerschaft auf verschiedenen Ebenen.
- Schafft Platz für den Atem und das Baby
- Ist hilfreich bei Beschwerden: der ableitenden Harnwege, der Vagina, der Gebärmutter
- Ist hilfreich, um die Leisten und Hüften zu öffnen
- Beugt Ischiasbeschwerden vor
- Stärkt die Nieren
- Stärkt die Blase
- Stärkt die Gebärmutter
- Stärkt die Prostata
- Fördert die Durchblutung des Bauch- und Beckenraums
- Vermindert Wasseransammlungen und Staugefühl in den Beinen
- Fördert die Gesundheit von Eileitern und Eierstöcken
- Bereitet, bei regelmäßigem Üben auf eine leichtere Geburt vor
- Als Vorbereitung benötigst Du folgende Hilfsmittel:
- zwei Yogablöcke oder feste Kissen
- ein großes Stillkissen oder ein anderes großes, stabiles Kissen
- ein kleines Kissen für den Kopf
Lege die Blöcke oder kleineren Kissen als Erhöhung wie ein T bereit.
Falte das Stillkissen in der Mitte und lege es darauf, dass es wie ein Hügel am oberen Ende erhöht ist. Darauf legst Du das kleine Kissen für den Kopf.
- Setze Dich mit dem unteren Rücken ganz an das Stillkissen oder Polster heran.
- Lege Deine Fußsohlen aneinander, so dass die Knie nach Außen fallen.
- Setze Deine Hände hinter Dir auf und laufe immer weiter zurück, bis Du mit dem Rücken ganz auf dem Stillkissen liegst.
- Nehme das kleine Kissen als Nackenrolle.
- Lege Deine Arme entweder zu den Seiten mit den Handflächen nach oben oder die Hände auf Deinem Bauch ab.
- Schließe die Augen und atme tief in den Bauch.
- Verweile in dieser Haltung, so lange es angenehm ist und richte Dich anschließend langsam wieder auf.
Ich wünsche Dir alles Gute für Deine Schwangerschaft und Geburt!
Deine Sarah
Mehr Inspiration und Infos zu Sarah findest Du auf Sarahs Blog Om Living – For Soulful Moms.
Fotos Schwangerschaft: Anna Dinkel, Porträt: Franziska Russo
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